Studie: Vorzeitliche Steinwerkzeuge – stammen sie von Menschen oder sind es Zufallsprodukte von Affen? (+ Videos)

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Vorzeitliche Steinwerkzeuge: Stammen sie wirklich von Menschen oder doch von Affen? (Bilder: T. Proffitt & envato / Montage: Fischinger)
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Vorzeitliche Steinwerkzeuge: Stammen sie wirklich von Menschen oder doch von Affen? (Bilder: T. Proffitt & envato / Montage: Fischinger)

Vor hunderttausenden von Jahren nutzen unsere Vorfahren bereits selbst hergestellte Steinwerkzeug, die beispielsweise in Ost-Afrika immer wieder gefunden werden. Doch sind diese Artefakte tatsächlich bewusst angefertigte Werkzeuge der Ur-Menschen? Beobachtungen bei Makaken-Affen, die einfache Natursteine als Schlagwerkzeug nutzen, zeigten nun, dass hierbei Splitter entstehen, die sich “kaum von frühen Homininen-Abschlägen und -Flocken unterscheiden” lassen, so eine neue Studie. Sind Urzeit-Werkzeuge der Menschheit also vielleicht nur Zufallsprodukte von “Affen” – und damit keine absichtlich hergestellten Objekte?


Werkzeuge von Vögeln und Affen

Die Tierwelt hat seit jeher die Menschen immer wieder fasziniert und auch verblüfft. So ist auch unlängst bekannt und dokumentiert, dass auch andere Spezies dieses Planeten Werkzeuge im Alltag nutzen. Nicht nur verschiedene Affenarten, sondern sogar Vögeln. Vierfach werden diese Werkzeuge oder Hilfsmittel wie Steine oder Zweige von den jeweiligen Tieren bewusst ausgewählt und sogar dem Zweck angepasst.

Derartige Beobachtungen begeistern Tierliebhaber wie Zoologen gleichermaßen.

Doch während beispielsweise ein kleiner Ast, den ein Vogel als Hilfsmittel zur Nahrungsbeschaffung vorbereitet und nutzt, danach unbeachtet liegen bleibt, sieht das bei anderen tierischen Werkzeugen anders aus. Denn diese sind aus Stein und werden von verschiedenen Primaten genutzt.

Unsere nahen Verwandten nehmen solch einen (ausgesuchten) Stein als “Hammer”, mit denen sie vor allem harte Schalenfrüchte knacken. Nüsse sind hier das bekannteste Beispiel. Hierbei brauchen die Tiere natürlich eine harte Unterlage, die als eine Art Amboss dient. Ein herumliegender Baumstamm erfüllt diesen Zweck. Aber vor allem ein großer Stein oder Felsen, der ungleich härter ist.

Und so entstehen hin und wieder beim Schlagen Gesteinssplitter. Abgeplatzte Stücke des “Schlagsteins”, die dann an Ort und Stelle liegen bleiben. Doch genau diese “Abfallprodukte” der Primaten sind es, die Wissenschaftlern Kopfzerbrechen bereiten können. Denn die dabei entstehenden Steinsplitter haben teilweise sehr große Ähnlichkeit mit Artefakten aus der Frühzeit der Menschheit, die als prähistorische Werkzeuge angesehen werden.

Humanoide Werkzeuge oder nicht?

Könnten also vermeintlich Millionen Jahre alte Fundstätten unserer Vorfahren gar nicht von unseren Ahnen stammen, sondern von Affen? Damit wäre diese Artefakte keine Objekte, die von unseren menschlichen Vorfahren absichtlich zu einem bestimmten Zweck hergestellt wurden. Sie wären nur Zufallsprodukte.

Dieser Frage geht aktuell auch ein Forscherteam des “Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie” in Leipzig nach. Für ihre jetzt im Fachmagazin “Science” erscheinenden Studie dokumentierten sie das Verhakten von Makaken im “Phang Nga-Nationalpark” in Thailand. Eine bekannte Affenart mit weitere Verbreitung, die ebenfalls Steine als Schlagwerkzeuge benutzt.

Hierbei würden die Tiere “unabsichtlich ein eigenes archäologisches Zeugnis produzieren, das beachtlich ist und sich teilweise nicht von homininen Artefakten unterscheiden lässt”, so die Forscher um Tomos Proffitt. weiter heißt es in der Untersuchung unter anderem:

Absichtlich hergestellte scharfkantige Steinsplitter und Splitter sind unser wichtigster Beweis für das Aufkommen von Technologie in unserer Abstammungslinie. (…) Hier berichten wir über die größte lithische Ansammlung, die mit dem Futtersuchverhalten von Langschwanzmakaken (Macaca fascicularis) in Verbindung gebracht wird. Dieses Verhalten führt zu einer landschaftsweiten Aufzeichnung von abgeschlagenem Steinmaterial, das sich kaum von frühen Homininen-Abschlägen und -Flocken unterscheiden lässt.

Es ist nun klar, dass die Produktion von unbeabsichtigten, muschelartigen, scharfkantigen Abschlägen bei der werkzeugunterstützten Nahrungssuche bei nicht-homininen Primaten möglich ist. (…) Gäbe es keine Verhaltensbeobachtungen, würde man die von den Affen produzierte Ansammlung wahrscheinlich als anthropogenen Ursprung identifizieren und als Beweis für eine absichtliche Werkzeugherstellung interpretieren.

Affe oder Mensch?

Diese Fragen wurden bereits in früheren Veröffentlichungen aufgeworfen. Doch nach den Bobachtungen und Untersuchungen der Splitter aus Thailand könnten Archäologen vor einer neuen Herausforderung stehen. Fundstücke, die hunderttausende von Jahren im Osten Afrikas im Erdreich lagen, könnten folglich reine Zufallsprodukte sein. Und nicht, wie meist interpretiert, von mehr oder weniger intelligenten Ur-Menschen als Werkzeug hergestellt worden sein.

Damit müssen die Forscher bei entsprechenden Ausgrabungen nun noch genauer hinschauen, was sie da vor sich haben. Der Fundkontext wird so noch wichtiger, als er es ohnehin schon in der Archäologie ist.

Die dokumentierten “Steinabfälle” der Makaken können auch Rückschlüsse auf die Evolution der Werkzeugnutzung des Vorzeit-Menschen geben. Unsere Vorfahren könnten einfache und unbearbeitete Steine als Schlagsteine genutzt haben. Dabei abfallende Splitter wurden daraufhin neugierig beäugt und man stellte schnell fest, dass sich diese scharfkantigen Objekte sehr guter weiter verwenden lassen. Also wurden diese nach ein wenig Herumexperimentieren zukünftig absichtlich produziert. Die Werkzeugherstellung war geboren.

Natürlich wird sich nie herausfinden lassen, ob und wie es genau war. Vielleicht fand auch ein menschlicher Vorfahr solche Splitter, die zuvor ein “Affe” erzeugt hat, und nutzte diese weiter …

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Euer Jäger des Phantastischen

Lars A. Fischinger

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