Noch wissen wir nicht mit Sicherheit, ob es im Kosmos bewohnte/belebte Planeten gibt. Wir kennen zwar inzwischen tausende von Exoplaneten – haben aber gleichzeitig nicht mal in unserem eigenen Sonnensystem außerirdisches Leben gefunden. Das hindert Forscher wie Laien nicht daran über über Leben auf fernen Planeten zu spekulieren. So auch jüngst ein deutscher Physiker in einem Interview. Darin äußert er sich dahingehend, dass es sich eines sehr fernen Tages lohnen würde primitives Leben auf Exoplaneten quasi mit irdischen Bakterien einen Anstoß für deren Evolution zu geben. Wie er das meint und warum scheinbar „ethische Bedenken“ nicht im ganzen Kosmos gelten, erfahrt Ihr hier.
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Exoplaneten und die zweite Erde
Tausende Exoplaneten außerhalb unseres Sonnensystems sind heute der Wissenschaft bekannt. Unzählige Welten mehr warten auf ihre Entdeckung. Und so sprechen Weltraumforscher unlängst von einem „goldenen Zeitalter der Entdeckungen“ in der Astronomie. Womit sie zweifellos recht haben, denn auch die Entdeckung einer „zweiten Erde“ – auch „Erde 2.0“ genannt – wird kommen.
Medienberichte in der Vergangenheit haben immer wieder Schlagzeiten verbreitet, dass eine zweite Erde im All gefunden wurde. Ausnahmslos alle diese Meldungen waren natürlich falsch bzw. vollkommen übertrieben! Kein einziger Exoplaneten ist auch nur annähernd eine „Erde 2.0“. Wohl aber haben wir Cousins unserer Erde im Universum gefunden. Ebenso „erdähnliche Planeten“, auf denen theoretisch primitives Leben existieren könnte.
Bei all diesen Meldungen der Mainstreammedien und Regenbogenpresse wird aber immer gerne eines übersehen: Auch der Mars und die Venus sind „erdähnliche Planeten“. Und bei diesen wird niemand von einer „zweiten Erde“ sprechen. Von intelligenten Außerirdischen dort so oder so nicht.
Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass wir bereits Exoplaneten kennen, auf denen möglicherweise flüssiges Wasser und Mikroorganismen existieren. Hier fehlt der Nachweis. Bedenkt man, dass wir seit fast 50 Jahren auf dem vor unserer Haustür liegenden Mars vergeblich nach Leben suchen, wird schnell deutlich, wie schwer diese Belege zu finden sind. Solche Exoplaneten sind milliardenfach weiter von uns entfernt, als der Rote Planet nebenan.
Die Menschheit ist nicht in der Lage mal eben Raumsonden auf Exoplaneten zu senden um dort nach Bakterien zu suchen. Selbst die Suche nach vermuteten Leben auf dem Jupiter-Mond Europa stellt uns vor gewaltige Herausforderungen. Die aber noch im aktuellen „goldenen Zeitalter der Entdeckungen“ gemeistert werden.
Irdische Bakterien im All
Vieles in der Raumfahrt und vor allem bei entsprechenden theoretischen Überlegungen klingt für den „Ottonormalverbraucher“ wie pure Science-Fiction. Themen wie „Leben auf dem Mars“ oder eben auf fernen Exoplaneten sind für sie pure Phantasie, um es freundlich auszudrücken. Wenn dann noch davon gesprochen wird, dass man solches außerirdisches Leben vor irdischen Einflüssen schützen muss, schaltet der „Ottonormalverbraucher“ auf taub …
Obwohl seit über einem halben Jahrhundert bodenständige und ernste Wissenschaftler genau davon sprechen. Nicht nur das, denn diese haben auch allerlei Konzepte, Vorschriften und Regelungen auf internationaler Ebene entworfen, um solche Außerirdischen vor irdischen Einflüssen zu bewahren. Allerdings auch umgekehrt, wie man an den ersten Mondlandungen von „Apollo“ sehen konnte. Die Mondfahrer mussten bei ihrer Rückkehr vom Mond in Quarantäne. Es galt auf diesem Weg auszuschließen, dass die Männer außerirdische Mikroorganismen auf die Erde bringen (s. a. HIER, HIER & HIER).
Diese Vorsichtsmaßnahmen waren zum Glück unnötig, wie es sich herausstellte.
„Weltraum-Hygiene“ ist aber bis heute ein enorm wichtiges Thema. Zu Beispiel die beiden Lander der NASA-Raumsonden „Viking“ Mitte der 1970er Jahre. Die auf dem Mars gelandeten automatischen Labore von „Viking“ 1 und 2 wurden vor ihrem Start auf der Erde bis ins Kleinste sterilisiert. Kein einziges Bakterium der Erde sollte mit den beiden Wikingern auf dem Mars gelangen. Nicht nur die Forschungsergebnisse der Lander bei ihrer Suche nach Leben auf dem Mars zu verfälschen, sondern auch um mögliches Mars-Leben nicht zu kontaminieren.
Und so wurden die „Viking“-Lander nicht nur mit allerlei Chemikalien in den Laboren der NASA behandelt, sondern auch in gewaltigen Öfen bei 110 Grad Celsius gebacken. Vorsichtsmaßnahmen, die bis heute alle Lander und auch Rover vor ihrem Start über sich ergehen lassen müssen.
Der Evolution im All einen Schups geben …?
Grundsätzlich herrscht in der wissenschaftlichen Community die einheitliche Meinung, dass jegliche Art von außerirdischem Leben vor irdischer Kontamination bewahrt werden muss. Für zukünftige Forschungen und Forschergenerationen ebenso wie „aus ethischen Gründen“.
Wobei man sich durchaus fragen darf, was das für „ethische Gründe“ sein sollen. Immerhin sitzt die ethische Messlatte bei Leben jeglicher Art auf unserem eigenen Planeten mehr als nur etwas weit unten. Was machen da schon ein paar Mikroben aus dem Mars …?
Aufgrund dieser internationalen Bedenken zum Schutz von außerirdischen Leben verwundert ein Interview mit dem Physiker Dr. Claudius Gros. Der Forscher der Universität Frankfurt beschäftigt sich nicht nur mit der Frage nach Leben im All, sondern auch damit, wie man dieses erreichen kann. Genau dazu gab Professor Gros vom Institut für Theoretische Physik dem Magazin „Technology Review“ am 8. März 2019 ein Interview.
„Wir sind zwar immer noch weit davon entfernt, Sonden zu anderen Sternen zu schicken, aber das ist keine Science-Fiction mehr“, so der Forscher im Interview. Allerdings würde ein solche Mission einige Jahrtausende dauern, so dass Prof. Gros „über diesen großen Zeitraum (…) keinen Nutzen für die Wissenschaft definieren“ könne. Deshalb meint er:
„Wenn wir zu einem Planeten, auf dem es nur primitive prokaryotische Bakterien gibt, Bakterien von der Erde bringen, erhöhen wir die Chance, dass sich dort komplexes Leben entwickelt, gewaltig. Das wäre die Sache also wert.„
Damit würde die Menschheit also die Entwickelung des Leben auf anderen Welten anstoßen. Nichts anders bedeutet das. Obwohl das Zukunftsmusik ist, hat Hollywood diese Szenarien unlängst durchgespielt. Man denke an die „Prometeus“-Filme, in denen Aliens die Evolution der Erde mit ihrer DNA befruchten. Oder auch „Star Trek“ bzw. „Raumschiff Enterprise“. Hier gibt es eine Episode, in der mehrere Spezies der TV-Serie feststellen, dass sie letztlich von einer „Ur-Alien-Rasse“ abstammen, die ihre Gene im All verbreitete.
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„Ethisch vertretbar“?
Letztlich erinnert das auch an die (gerichtete) Panspermie-Hypothese des Biologen und Physikers Francis Crick von 1973. Er erhielt 1962 den Medizin-Nobelpreis für die Entdeckung der Molekularstruktur der DNA. Die gerichtete Panspermie-Hypothese besagt grundsätzlich nichts weiter, als dass eine außerirdische Zivilisation absichtlich DNA von ihrem Heimatplaneten im gesamten All verteilt. In der Hoffnung, dass irgendwo im Weltraum dieser Gen-Code auf eine bewohnbare Welt trifft und sich dort entwickelt kann. Hunderte, tausende oder zehntausende mit ihrer (oder anderer) DNA beladene Raumsonden reisen so durch den Kosmos – und wenigstens einige werde an entsprechend lebensfreundliche Welten angekommen.
So die Panspermie-Spekulationen und damit die Hoffnungen dieser theoretischen Aliens.
Doch ist das „ethisch vertretbar“ oder „die Sache wert“, wie es Claudius Gros ausdrückt? Auch wenn es Jahrtausende in der Zukunft liegt, würde die natürliche Biologie und damit das Leben dieser Exoplaneten zerstört werden. Eine „reine Zerstörung wäre ethisch natürlich nicht zu verantworten“, so Gros im Interview weiter. Primitives außerirdisches Leben durch irdische Bakterien einen Stoß zur Entwicklung von höherem Leben zu geben demnach schon.
Claudius Gros seine Veröffentlichungen in diesem Bereich der interstellaren Raumfahrt sind natürlich Theorie. Auch wenn – wie in diesem Beitrag HIER berichtet – die Breakthrough-Initiative Raumsonden zu unserem Nachbarnstern Alpha Centauri senden will, wie es auch Gros im Interview erwähnt. Doch nur weil eine Beeinflussung von Leben auf Exoplaneten noch sehr ferne Zukunftsmusik ist … sollten hier nicht die selben „ethischen Bedenken“ greifen, die man beispielsweise Mars-Mikroben zugesteht?
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Lars A. Fischinger
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