Endlich: Nach 40 Jahren ist die Sicht auf die Südseite der Cheops-Pyramide wieder frei – Sonnenbarken-Museum in Gizeh abgerissen

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"Sonnenbarken-Museum" in Gizeh abgerissen: Nach 40 Jahren hat man wieder einen freien Blick auf die Südseite der Cheops-Pyramide (Bild: Fischinger-Online)
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“Sonnenbarken-Museum” in Gizeh abgerissen: Nach 40 Jahren hat man wieder einen freien Blick auf die Südseite der Cheops-Pyramide (Bild: Fischinger-Online)

An der Südseite der Cheops-Pyramide wurde 1982 ein längliches Gebäude errichtet, dass seitdem den Blick auf das Monument “verunstaltet”. Es war ein Museum für die “Sonnenbarke des Cheops”, die erst 1954 entdeckt wurde. Damit ist es nun vorbei, denn das Museum wurde und wird abgerissen und das Boot darin fand schon vor Monaten einen neuen “Heimathafen”. Warum aber baute man dieses Gebäude überhaupt direkt vor dieses Weltkulturerbe? Was macht dieses Boot so besonders und wo kommt es eigentlich her?


Die “Sonnenbarke” an der Cheops-Pyramide

Genau vier Jahrzehnte mussten Pyramiden-Fans und  Ägypten-Touristen warten, jetzt ist es soweit: Das sogenannte Bootsmuseum oder auch “Sonnenbarken-Museum” an der Südseite der Cheops-Pyramide wurde abgerissen. Für viele war es ein architektonischer Schandfleck, der die Kulisse der Großen Pyramide zumindest von dieser Seite ruinierte. Für andere war es mehr oder weniger ein “notwendiges Übel”, da die in diesem Museum ausgestellte Sonnenbarke ein archäologischer Sensationsfund ist.

Wer noch nie selber in Gizeh war und nur Fotos oder Aufnahmen von Google Earth kennt, dem wird dieses längliche weiße Gebilde sicher bereits aufgefallen sein. Warum aber hat man es 1982 überhaupt genau dort hingestellt? Schließlich war von vornherein klar, dass ein Viertel der Pyramiden-Ansicht damit zerstört sein würde. Und dies bei dem letzten erhaltenen der Sieben Weltwunder der Antike und einem UNESCO-Weltkulturerbe.

Dies verdanken wir den Alten Ägyptern vor rund 4.500 Jahren selber. Sie legten auf dem Plateau von Gizeh verschiedene Bootsgruben an, in denen sie riesige Boote vergruben. Insgesamt kennt man heute sieben dieser Bootsgruben. Davon gehören fünf direkt zur Cheops-Pyramide, die parallel zu dessen Seiten angelegt wurden. Zwei weitere gehören zu den sogenannten Königinnenpyramiden direkt neben der Cheops-Pyramide. An der Südseite der Großen Pyramide befinden sich gleich zwei solcher Gruben, die erst im Jahre 1954 entdeckt wurden. Sie lagen Jahrtausende unter Sand und Geröll verborgen.

Genau dort steht oder stand das Museum.

Es sind beeindruckende Gruben, die mit nicht minder beeindruckenden Abdecksteinen überdacht wurden. Sie liegen nur rund 17 Meter von der Cheops-Pyramide entfernt. Die östliche der beiden dortigen Gruben ist über 31 Meter lang und fast 5,5 Meter tief. Abgedeckt wurde sie mit über 40 gewaltigen Monolithen, die bis zu 20 Tonnen wiegen.

Ein 10 Jahre dauerndes Puzzle

Erstaunlicherweise sind diese Steine alle von unterschiedlicher Größe und damit alles andere als perfekt ausgearbeitet. Und anders als die viel zitierten “fugenlosen Megalithen von Gizeh” hatten diese Abdeckungen zum Teil sogar sehr große Fugen. Sie wurden von den Baumeistern mit kalkhaltigem Mörtel abgedichtet. Viele der Megalithen tragen heute sogar noch Schriftzeichen der einstigen Bauarbeiter, die hier vor tausenden von Jahren schufteten.

Unter diesen Inschriften sind auch fast 20 Kartuschen mit dem Namen des Pharao Djedefre (auch Radjedef) zu finden. Er war als dessen Sohn der Nachfolger von Pharao Cheops und ist heute eher unbekannt. Sein Bruder, der Pharao Chephren, dem die zweite große Pyramide in Gizeh zugeschrieben wird, ist indes aufgrund seiner Pyramide weltbekannt. Und doch war Djedefre der Thronnachfolger von Cheops.

Seine Inschriften könnten ein Hinweis sein, dass er nach dem Tod seines Vaters die Cheops-Bootsgruben anlegen ließ.

Spannend wurde es für die Archäologen nach der Entdeckung 1954, als diese unter die gewaltigen Abdeckungen vorgedrungen waren. Hier türmten sich Berge von Holz, das sich als kostbares Zedernholz aus dem Libanon herausstellte. Insgesamt holten die Ausgräber 1.224 Holzteile aus der Bootsgrube heraus. Balken, Bretter, kleine Leisten, Ruder und mehr, die in 13 Schichten übereinander dort für die vermeintliche Ewigkeit eingelagert waren.

Nach 10 Jahren der Konservierung und des zusammenpuzzeln hatten die Ägyptologen das Schiff wieder zusammen. Eine Barke von mehr als 42 Metern Länge und einer Maximalbreite von fast 6 Metern. Eine Sonnenbarke des Königs, mit dem dieser nach seinem irdischen Leben durch das Meer der Sterne fuhr, so die klassische Deutung.

“Sonnenbarken” für den Pharao?

Wobei unklar ist, warum dann gleich so viele Boote vergraben worden sind. Denn schon (oder erst) 1987 zeigte sich durch den Einsatz einer Kamera, dass auch in der Grube daneben ein zerlegtes Boot liegt. Andere Gruben waren schon lange offen und leer und wurden teilweise wohl von späteren Ägyptern als Gräber genutzt. Die beiden Gruben nahe des Totentempels sind dabei sogar noch größer. Mehr als 50 Meter lang und 7 Meter breit liegen auch sie parallel zur Ostseite der Cheops-Pyramide. Von Booten war darin nichts mehr zu finden.

Unklar ist auch, ob die restaurierte Sonnenbarke dem Herrscher einst wirklich als Transportmittel auf dem Nil diente. Hier gehen die Meinungen der Ägyptologen auseinander. Einige vermuten auch, dass sie lediglich dazu diente, den Leichnam des Königs zu transportieren. Folglich ein Ein-Weg-Boot. Vielleicht war es auch nie im Wasser und wurde erst vor Ort gebaut, um dann wieder zerlegt zu werden.

Die Entdeckung und vor allem die Rekonstruktion der heiligen Barke mit ihren Rudern und einem Kabinenaufbau ist bis heute einmalig in der Ägyptologie. Zugleich ist sie das älteste Boot der Welt, das in einem derart guten Erhaltungszustand gefunden wurde. Genau deshalb wurde das Schiffsmuseum mehr oder weniger genau über der Bootsgrube 1982 errichtet. Der Besucher kann sich dort nicht nur das herrschaftliche Wasserfahrzeug ansehen, sondern auch die Grube mit ihren Monolithen selber.

Nach meiner Erfahrung finden sich aber in diesem Museum weit weniger Touristen ein, als etwa an der in Blickweite liegenden Sphinx. In diesem Barken-Museum ist es fast schon still und einsam im Vergleich mit dem bunten Treiben auf dem Pyramiden-Plateau um die beiden großen Pyramiden.

Ein neuer “Heimathafen” in Gizeh

Mit der Stille ist es in diesem Museum jetzt endgültig vorbei, da es frisch abgerissen wurde. Die Barke selber wurde bereits im August 2021 mit großem Pomp von dort weggeschafft. Ihr neuer “Heimathafen” ist das neue, gewaltige Ägyptische Museum in Gizeh selbst. An diesem wird seit Jahren gebaut, denn das frühere Ägyptische Museum mitten in der quirligen Metropole Kairo genügte längst nicht mehr den Anforderungen.

Von der Cheops-Pyramide sind es gerade mal zwei Kilometer Luftlinie zum neuen Museum. Hier planten und planen die Ägypten in ganz großen Stil, um die Schätze ihres Landes würdig der Welt zu präsentieren. Vor allem auch weit mehr als im bisherigen Museum und auch verschiedene Highlights des Landes. Das klassische Beispiel sind hier sicher die Schätze des Pharao Tutanchamun und zahllose herrschaftliche Mumien der Pharaonen. Da darf natürlich die “Sonnenbarke des Cheops” nicht fehlen. Eine zentralisierte Schatzkammer für den Tourismus, wenn man so will.

Damit ist auch das unschöne Boots-Museum in Gizeh in der bisherigen Form überflüssig. Da darin das Boot erhört und vollständig aufgebaut zu sehen war, musste auch das Gebäude an sich hoch ausfallen. Selbst Treppen konnte man dort besteigen, um die Barke in all ihrer Pracht von allen Seiten gut sehen zu können.

Die Bootsgrube an sich befindet sich naturgemäß unter der Erde. Um diese weiterhin den neugierigen Besuchern zugänglich zu machen, bedarf es zukünftig kein hohes Museum mehr, das den Blick auf die Cheops-Pyramide trübt. Sicher werden nur wenige Pyramiden-Fans dem Abriss eine Träne nachweinen.

Euer Jäger des Phantastischen

Lars A. Fischinger

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