Manchmal – und leider viel zu oft – frage ich mich: Was denken sich eigentlich einige „Mystery-Jäger“ dabei, die an der Grenzwissenschaft und Aliens Interessierten immer wieder mit Lug und Trug zu foppen? Warum geben sich immer wieder Menschen her, mit offenkundigen Schwindeleien und sogar Betrug vermeintliche Sensationen in die Welt zu posaunen? Genau das geschieht, wie mehrfach auf diesem Blog (HIER, HIER & HIER) und in einem YouTube-Video berichtet, derzeit in Südamerika. Denn dort, in Peru, geht eine „Forschergruppe“ seit Monaten mit Alien-Mumien & Co. durch die Medien. Jetzt aber hat sich endlich das peruanische Kultur-Ministerium in die Angelegenheit eingeschaltet und die Staatsanwaltschaft ermittelt. Unter anderem wegen Grabräuberei.
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Die weißen Mumien von Nazca – ein Spaß?
Ende 2016 schrieb ich in einem Fakten Check-Artikel auf diesem Blog zu den „sensationellen Alien-Mumien“, die in Peru gefunden sein sollen:
„Wer will uns hier wieder einmal einen ,Alien aufbinden‘, wie ich denke? Diese Bilder sagen eigentlich alles. Und das sollte auch jeder Mediziner und jeder medizinische Laie in Peru erkennen! Hier ist wohl eher von modifiziert als von mumifiziert zu sprechen.
Wenn man nicht die ganze Welt der Grenzwissenschaft wachsam im Auge behält, immer hinterfragt und sich diverse ,Sensationen‘ genau ansieht (wenn man daran überhaupt Lust und Interesse hat) – gibt es bald nur noch Lug und Trug …“
Damals war nicht absehbar, dass die Story um den Fund einer angeblichen Alien-Mumie sechs Monate später in so einem Chaos gipfelt, das augenblicklich aus Südamerika zu erfahren ist. Nachdem in Peru angeblich ein kleine Alien-Mumie und ein kleiner Alien-Schädel gefunden wurden, tauchte alsbald noch eine riesige Alien-Hand mit drei langen Fingern auf.
Scheinbar aber nur, damit die „Mystery-Forscher“ in Peru einige Zeit später eine komplette Mumie eines vermeintlichen Außerirdischen der stauenden Welt präsentieren konnten. Ebenso gefunden in Nazca, wie es heißt, und diesmal sogar fast 1,70 Meter groß. Unlängst hat man diese weibliche Alien-Leiche „Maria“ getauft.
Doch dieser Alien-Fund war aufgrund der zuvor in Peru präsentierten Riesen-Hand und Mini-Mumie schon längst nicht mehr ernstzunehmen, wie ich es HIER beschrieben habe.
Frankenstein 2.0
Nachdem beispielsweise die erste Mumie dieser Story, der „Mini-Alien“, meiner Meinung ganz eindeutig aus echten Knochen zusammengebastelt war, wäre es bei dem „großen Alien“ ebenso möglich. Das heißt, dass hier illegale Grabräuberei eine Rolle spielen würden.
Allerdings wäre das auch der Fall, wenn diese Funde authentisch wären. Denn sie wurden nicht von regulären Archäologen bei offiziellen Grabungen gefunden und geboren. In ersten Videos und Interviews zu der ersten vermeintlichen Alien-Mumie aus Peru war sogar eindeutig von Grabräubern die Rede. Oder, netter ausgedrückt, von „Hobby-Archäologen“.
In Peru ist es nicht anders, als in anderen Ländern der Erde: Archäologische Funde und Grabungen sind Sache der Behörden. In Peru ist es das „Ministerio de Cultura“, in dessen Aufgabenbereich solche Entdeckungen fallen. Wenn aber nun bei der neuen Alien-Mumie echte Knochen von Menschen/Mumien verwendet wurden, muss das peruanische Ministerium reagieren. Diese können nur aus einer Raubgrabung stammen.
Selbstverständlich können man dann auch anhand solcher verwendeten Knochen (der auch in Peru sehr zahlreich vorkommenden Mumien) wunderschön eine C14-Datierung vornehmen. Also mittels der Radiokarbondatierung das Alter der vermeintlichen Alien-Leiche bestimmen. Auch DNA-Analysen sind so möglich. Nimmt ein Betrüger Teile einer 2.000 Jahre alte Mumie, um daraus eine Alien-Mumie zu „basteln“, würde auch die C14-Datierung bestätigen, dass dieser „Außerirdische“ eben 2.000 Jahre alt ist. Et voilà – eine Sensation …
Und das wurde auch bei der Mumie gemacht. Die fragwürdige Kreatur soll nach dieser Datierung etwa 1.750 Jahre alt sein, wie Gaia.com in einem Video berichtet. Der Genetiker Dr. Michael Aseev von Institut für Molekular-Genetik der Russischen Akademie der Wissenschaften in Moskau wiederum sagte nach der Untersuchung einer Mumien-Probe in einem weitere Video von „Gaia“:
„Durch die DNA-Probe der Mumie, die jetzt Marie genannt wird, konnten wir feststellen, dass dies eine Frau ist. Das Y-Chromosom fehlt.„
Doch weder das Alter der Probe noch die genetische Analyse dieser sagten irgendwas über eine „außerirdische Natur“ der Mumie! Vielmehr zeigen diese, dass die Truppe sowie die fragwürdige Seite bzw. die Video-Arbeit von „Gaia“ nicht davor zurück schrecken, echte Menschenteile für ihre Machenschaften zu nutzen. Mit die Ziel…Geld zu verdienen.
Dr. Konstantin Kototkow, der in diesem Zusammenhang ebenso wieder dabei ist, ist auch ganz interessant. Er hat eine Kamera entwickelt, die angeblich die Aura von Menschen, Tieren und Pflanzen fotografieren kann (sog. „Kirlian-Fotografie“). Diese bietet er für rund 850 Dollar an. Neben zahlreichen anderen Produkten, Software, Seminaren, Kursen usw.
Herr Staatsanwalt, übernehmen Sie!
Und so hat auch das „Ministerio de Cultura“ von Peru vor einigen Tagen bekannt gegeben, dass Ermittlungen gegen die „Mystery-Forscher“ eingeleitet wurden. Aufgrund „krimineller Attentate gegen archäologische Denkmäler“ in Peru. Folglich: Beschädigung und Plünderung von archäologischen Stätten und Kulturgütern. Würde die Behauptung der Mumien-Faker, sie würden um die 20 solcher Alien-Leichen besitzen, stimmen, wäre das Ausmaß dieser dreisten Machenschaften kaum abschätzbar.
Ebenso sei bei der ganzen Sache zu bedenken, dass die Beteiligten online, etwa bei Facebook und YouTube, auch mal gerne Pseudonyme nutzen. Zumindest sind nicht wenige Postings und Videos in den Sozialen Netzwerken von anonymen Nutzern online gestellt worden.
Das war auch bei einer Crowdfunding-Kampagne Anfang 2017 von Thierry Jamin so. Gesammelt werden sollte bei dieser Kampagne und Untersuchungen wie GEN-Analysen für die erste kleine Alien-Mumie, den kleinen Alien-Schädel und die Hand. Ziel waren 29.000 Dollar und zusammengekommen waren: 39.510 Dollar.
Der Anwalt Alberto Alfredo Urbano Jaciento, der unter anderem für die Verwaltung der archäologischen Bereiche um Nazca zuständig ist, äußerte ebenso bedenken. Es sei, so Jaciento, nicht möglich, diese Mumie einem Fundort auf oder um die Hochebene von Nazca zuzuordnen. Vor allem betonte er, dass die Internet-Videos der Untersuchungen, der Probe-Entnahmen und die Proben an sich etc. keinerlei Beweiskraft hätten.
„Es ist nicht möglich festzustellen“, so Janiento zu den Videos, „dass die Proben oder Artefakte (wenn sie echt sind) den Beweis erbracht haben, dass sie fremdartigen oder überhaupt archäologischen Charakter haben“.
Damit ist der neueste Fall von Alien-Mumien wohl ein Fall für den Staatsanwalt.
Ich frage mich wirklich, wie man mit seinem Namen und Gesicht an die Öffentlichkeit gehen kann, um solche Storys zu verbreiten?!
Euer Jäger des Phantastischen
Lars A. Fischinger
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