Die ältesten Mumien der Welt könnten aus Europa stammen: Forscher finden Hinweise auf Mumifizierungen vor 8.000 Jahren in Portugal

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Mumifizierung bereits vor 8.000 Jahren - in Portugal? (Bild: R. Peyroteo-Stjerna/European Journal of Archaeology)
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Mumifizierung bereits vor 8.000 Jahren – in Portugal? (Bild: R. Peyroteo-Stjerna/European Journal of Archaeology)

Nicht nur die Alten Ägypter pflegten einstmals die Kult der Mumifizierung, sondern zahlreiche Völker der Antike weltweit fertigen aus ihren Verstorbenen Mumien. Bisher galten dabei in der Atacama-Wüste in Chile gefundene Mumien mit mit einem Alter von rund 7.000 Jahren als die ältesten der Welt. Das könnte sich nach einer neuen Studie nun ändern. Denn Forscher fanden Hinweise darauf, dass bereits 1.000 Jahren früher in Portugal Menschen der Steinzeit ihre Toten mumifizierten.


Die ältesten Mumien der Welt – in Portugal?

Ägypten gilt nicht nur als das Land der Pyramiden, sondern ist auch für seine Mumien weltbekannt. Dabei waren die Ägypter vor Jahrtausenden längst nicht die einzigen, die ihre Toten für das Leben im Jenseits mumifizierten. Einen solchen Brauch der absichtlichen und bewussten Konservierung der Toten pflegten zahlreiche Völker der Antike.

Die ältesten Mumien dieser Art sind bisher aus Südamerika bekannt. Dort fand schon der berühmte deutsche Archäologe Max Uhle 1917 in der Atacama-Wüste in Chile zahlreiche Mumien, die heute der Chinchorro-Kultur zugeschrieben werden. Die Chinchorro waren ein Volk von Sammlern und Jägern, die unweit der Küste des Pazifik lebten und schon vor rund 7.000 Jahren ihre Toten mumifizierten. Ihre Mumien waren lange in Vergessenheit geraten. Nur Archäologen und einheimische Museen interessierten sich wirklich für diese einzigartigen Funde der Wüste.

Das änderte sich erst im Sommer 2021, als die UNESCO die versunkenen Stätten der Chinchorro und ihre Mumien in die Liste des Weltkulturerbes aufnahm. Eine späte Ehrung dieser uralten Kultur.

Doch jetzt könnten neue Untersuchungen von Grabstätten in Portugal den sterblichen Überresten in Chile den Rang als älteste Mumien der Welt streitig machen. So zumindest eine Studie eines Forscherteams um Rita Peyroteo-Stjerna von der Universität Uppsala in Schweden, die aktuell im “European Journal of Archaeology” erschien. Darin kommen die Wissenschaftler zu dem Schluss, dass bereits vor 8.000 Jahren in Portugal Verstorbene vor ihrer Bestattung mumifiziert wurden.

In ihrer Untersuchung untersuchten die Forscher aber nicht die Grabstätten mit solchen Mumien selber. Sie bedienten sich Fotos, die in den Jahren 1960 und 1962 bei Ausgrabungen im portugiesischen Sadotal von 13 bestatteten Personen entstanden. Diese Aufnahmen unterzogen sie einem Verfahren, dass sich “Archäo-Thanatologie” nennt. Durch diese “archäothanatologischen Perspektive” können Schlussfolgerungen darüber gezogen werden, wie die dort Bestatteten zur letzten Ruhe gelegt wurden.

1.000 Jahre früher

Die Anordnung der Knochen, die auf diesen Fotos zu sehen sind, geben Rückschlüsse darauf, wie diese Menschen einst in ihren Gräbern lagen und wie sich deren Körper zersetzten. Anhand der Bilder der einstigen Ausgrabungen sind sich die Forscher um Peyroteo-Stjerna sicher, dass sich die Lage der Knochen am Besten dadurch erklären ließe, dass die Verstorbenen zuvor mumifiziert wurden. Danach wurden sie in ganz bestimmten Positionen in den Gräbern positioniert.

Dafür spricht auch, dass zum Beispiel die Verbindungen der Fußgelenke noch vorhanden waren. Ohne eine vorherige Konservierung der Toten ist das eigentlich kaum der Fall.

Für ihre Untersuchung zogen die Forscher auch Daten heran, die Anthropologen in Texas gewannen. Sie ließen Leichen und Mumien unter dauerhafter Beobachtung “kontrolliert” verwesen, um so mehr über den Zerfall des menschlichen Körpers zu erfahren. Diese makaberen Experimente mit der menschlichen Verwesung werden beispielsweise auf sogenannten “Body Farms” durchgeführt.

In der Konsequenz ergibt sich daraus, dass Jäger und Sammler der Steinzeit bereits vor 8.000 Jahren ihre Toten konservierten. Und damit 1.000 Jahre früher als die bisher ältesten Mumien aus Chile. Hier in Portugal habe man die Verstorbenen offenbar vor Jahrtausenden in einer hockenden Haltung mit Seilen zusammengebunden, um sie so drapiert langsam austrocknen zu lassen. Danach wären sie auch leichter für die Angehörigen zu transportieren gewesen, wie es in der Studie heißt. Auch sei es so möglich gewesen, die Körper mehr oder weniger anatomisch korrekt und intakt zu bestatten.

Einigen Leichen band man dafür sogar die Beine angewinkelt bis auf die Brust, wie es das Bild oben veranschaulicht. Eine Technik, die auch Völker in den Anden von Peru bei der Mumifizierung ihrer Toten tausende Jahre später teilweise praktizierten. Etwa das rätselhafte Anden-Volk der Chachapoya, dessen Name soviel wie “Wolkenmenschen” oder “Nebelkrieger” bedeutet. Ein Name, den die Inka ihnen gaben.

Rita Peyroteo-Stjerna und ihr Team können nicht mit letzter Sicherheit beweisen, dass die 13 Individuen als Mumien bestattet wurden. Dafür liegt deren Ableben mit acht Jahrtausenden zu weit in der Vergangenheit. Dennoch sind sie sicher, dass die gewonnen Hinweise und Indizien dafür sprechen.

Euer Jäger des Phantastischen

Lars A. Fischinger

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