Magnetischer Polsprung in rasender Geschwindigkeit vor 41000 Jahren

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Eine extrem kurze Umpolung des Erdmagnetfeldes, Klimaschwankungen und ein Supervulkan: Vor 41000 Jahren kam es zu einer vollständigen und schnellen Umpolung des Erdmagnetfeldes. Magnetische Untersuchungen des Deutschen GeoForschungsZentrums GFZ an Sedimentbohrkernen aus dem Schwarzen Meer belegen, dass in diesem Zeitraum, während der letzten Eiszeit, ein Kompass am Schwarzen Meer nach Süden statt nach Norden gezeigt hätte. Zudem wies das Wissenschaftlerteam um GFZ-Forscher Dr. Norbert Nowaczyk und Prof. Helge Arz in der neuesten Ausgabe des Wissenschaftsmagazins „Earth and Planetary Science Letters“ mit weiteren Daten anderer Studien aus dem Nordatlantik, dem Südostpazifik sowie Hawaii nach, dass diese Umpolung ein globales Ereignis war.

Pressemitteilung des Helmholtz-Zentrum Potsdam / Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ

Erstaunlich ist die Geschwindigkeit der Umpolung: „Die der heutigen Orientierung der Feldlinien entgegengesetzte Magnetfeldgeometrie bestand für lediglich etwa 440 Jahre und war zudem mit einer Feldstärke verbunden, die nur etwa einem Viertel der heutigen Stärke entspricht“, erklärt Norbert Nowaczyk. „Auch die eigentlichen Umpolungsphasen selbst dauerten jeweils nur etwa 250 Jahre. Das ist, in geologischen Zeitskalen gedacht, enorm schnell.“ Zudem war die Feldstärke während dieser Umpolungsphasen deutlich geringer, die Intensität des Erdmagnetfeldes lag bei lediglich einem Zwanzigstel des heutigen Werts. Das bedeutet, dass die Erde weitgehend ihren Strahlenschutzschild verloren hatte, was zu einer deutlich erhöhten Belastung durch kosmische Strahlung führte. Der Beleg sind Spitzenwerte von radioaktivem Berillium (10Be) in grönländischen Eisbohrkernen aus dieser Zeit dokumentiert. 10Be und auch radioaktiver Kohlenstoff (14C) entsteht durch die Kollision von energiereichen Protonen aus dem Weltall mit Atomen der Erdatmosphäre.

Das Laschamp-Ereignis
Die nun mittels der Magnetisierung von Sedimenten des Schwarzen Meeres nachgewiesene Magnetfeldumpolung ist bereits seit 45 Jahren bekannt. Sie wurde zuerst anhand der von der heutigen Richtung des Erdmagnetfeldes deutlich abweichenden Magnetisierung mehrerer Lavaströme in der Nähe des Ortes Laschamp bei Clermont-Ferrand im französischen Zentralmassiv entdeckt. Seitdem wird dieses Umpolungsereignis auch als „Laschamp-Event“ bezeichnet. Doch stellen die Daten aus dem Zentralmassiv lediglich einige wenige Momentaufnahmen des Erdmagnetfeldes der letzten Eiszeit dar, während die neuen Daten aus dem Schwarzen Meer das komplette Geschehen in hoher zeitlicher Auflösung widerspiegeln.


Plötzliche Klimaschwankungen und ein Supervulkan

Neben den Hinweisen auf eine Erdmagnetfeldumpolung vor 41000 Jahren entdeckten die Potsdamer Geoforscher in den untersuchten Bohrkernen aus dem Schwarzen Meer auch zahlreiche plötzliche Klimaänderungen während der letzten Eiszeit, wie sie bereits von den Grönländischen Eisbohrkernen her bekannt sind. Dies ermöglichte letztendlich erst die präzise Synchronisation der Datensätze aus dem Schwarzen Meer und dem Grönländischen Festlandeis. So ist auch die größte vulkanische Eruption der letzten hunderttausend Jahre auf der Nordhalbkugel, nämlich der Ausbruch des Supervulkans im Bereich der heutigen Phlegräischen Felder bei Neapel in Italien vor 39400 Jahren, in den untersuchten Sedimenten dokumentiert. Die Asche dieses Ausbruchs, bei dem etwa 350 Kubik-Kilometer Gestein und Lava ausgeworfen wurden, verteilte sich im gesamten östlichen Mittelmeerraum und bis nach Zentralrussland. Diese drei Extrem-Szenarios, eine kurze und schnelle Magnetfeldumpolung, kurzfristige Klimaschwankungen der letzten Eiszeit und der Vulkanausbruch in Italien, sind damit zum ersten Mal anhand eines einzigen geologischen Archivs untersucht und in einen eindeutigen zeitlichen Zusammenhang gebracht worden.


Nowaczyk, N. R.; Arz, H. W.; Frank, U.; Kind, J.; Plessen, B. (2012): “
Dynamics of the Laschamp geomagnetic excursion from Black Sea sediments” Earth and Planetary Science Letters, 351-352, 54-69. doi:10.1016/j.epsl.2012.06.050.

 (Quelle)
“Die eigentlichen Umpolungsphasen selbst dauerten jeweils nur etwa 250 Jahre” – das ist in der Tat rasend schnell! Viele 2012- bzw. Weltuntergangs-Freunde erwarten ja immer und immer wieder einen Polsprung. Aber einen physischen!

Magnetische und physische Polsprünge sind ein “kleiner” aber sehr feiner Unterschied. In dem Buch “Die Akte 2012” etwa schrieben wir:

Polsprünge der Erde gab es tatsächlich. Professor Peter Olsen weist diesbezüglich in der Folge „Der unsichtbare Schutzschild unseres Planeten“ der Serie ,Naked Science’, 2005, von ,National Geographic Channel’ darauf hin, dass es bereits mindestens 18 Millionen (magnetische!) Polsprüngen der Erde gab. Und er ist auch sicher, dass es irgendwann wieder passieren wird.

Es handelt sich bei einem Polsprung um eine Umkehrung des lebenswichtigen Erdmagnetfeldes von Nord nach Süd und umgekehrt. Cirka alle 250.000 Jahre soll das durchschnittlich passieren. Der letzte liegt 750.000 bis 780.000 Jahre zurück. Statistisch wäre der Polsprung also überfällig. Da das Magnetfeld der Erde schwächer wird glauben Geologen tatsächlich, dass uns ,bald’ ein neuer Polsprung ins Hause steht. Doch in diesem Satz sind zwei Aussagen, die hinterfragt werden müssen. Geologen bzw. Geophysiker denken in riesigen Zeiträumen, sodass nach deren Meinung in bis zu 4000 Jahren der Start des ,Sprungs’ stattfinden könnte. Konsequenzen für uns? Wir bräuchten einen neuen Kompass. Mehr nicht, so der Geophysiker Bruce Buffett, Universität von British Columbia.

Die Bezeichnung ,Sprung’ selber ist dabei jedoch enorm irreführend wenn nicht sogar schlicht falsch: Ein Pol,sprung’ dauert bis zu 10.000 Jahre bis er beendet ist. Für Geophysiker ein Wimpernschlag, für die Menschheit eine Ewigkeit.

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