“Stonehenge des Nordens”: Die “Thornborough Henges” sind für Besucher geöffnet – dabei drohte deren Zerstörung (+ Videos)

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"Wichtigste prähistorische Stätte Englands": Die "Thornborough Henges" sind für Touristen geöffnet (Bilder: Google Earth & Fischinger nach ancient-origins.net)
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“Wichtigste prähistorische Stätte Englands”: Die “Thornborough Henges” sind für Touristen geöffnet (Bilder: Google Earth & Fischinger nach ancient-origins.net)

Im Süden Englands steht das weltberühmte Stonehenge. Die wohl berühmteste Stätte der Steinzeit überhaupt, die jährliche Millionen Touristen anzieht. Doch die größeren steinzeitlichen “Thornborough Henges” in North Yorkshire kennen die wenigsten Touristen. Das könnte sich fortan ändern, da diese wichtigen prähistorischen Stätten nun für Besucher geöffnet wurden. Ein Glücksfall, denn es drohte deren Zerstörung!


Stonehenge ist nicht allein

Wohl jeder kennt die Megalithanlage von Stonehenge in Großbritannien. Das Monument gilt als die steinzeitliche Anlage aus einer uns fremden Vorzeit schlechthin. Ein Paradebeispiel für Steinkreise und jahrtausendealte Bauwerke, die bis heute Rätsel aufgeben. Eingebettet in eine gigantische “heilige Landschaft” mit zahllosen weiteren Anlagen und Bauten, ist Stonehenge ein stummes Zeugnis einer längst versunkenen Welt.

Und genau das begeistert die Touristen, die in Scharen hierher kommen. Woran ohne Zweifel auch die Vermarktung und touristische Erschließung des historischen Steinkreises einen gewichtigen Anteil hat.

Steinkreise, Ringwallanlagen und viele weitere Bauwerke der Steinzeit und späterer Epochen gibt es jedoch in sehr großer Zahl in Europa. Viele sind dabei sogar weit älter als die Megalithanlage von Stonehenge. In Deutschland ist hier vor allem die Kreisgrabenanlage von Goseck berühmt, die rund 7000 Jahre alt ist. Jahrtausende älter als das “klassische Stonehenge” in Südengland.

Viele solcher und ähnlicher Bauten wie das Sonnenobservatorium von Goseck oder sogar ähnliche Strukturen in anderen Teilen der Erde, sind hingegen fast gar nicht bekannt. Zumindest nicht in der öffentlichen Wahrnehmung. Denn auf diese Epochen der Menschheit spezialisierte Archäologen kennen diese sehr wohl. Und längst nicht alle sind dabei bereits ausgegraben oder erforscht. Es kommen auch immer wieder neue Funde solcher Kreisanlagen hinzu.

Die “Thornborough Henges”

Gefühlt interessieren sich auch immer mehr Laien für derartige Hinterlassenschaften der Ahnen. Solche “Henges”, die in den meisten Fällen aus Holz errichtet wurden, ziehen immer mehr interessierte Besucher an.

Das könnte in Zukunft auch bei den “Thornborough Henges” der Fall sein. Hierbei handelt es sich um gleich drei Kreisgrabenanlagen in der Nähe des Ortes Ripon in der Grafschaft North Yorkshire. Sie bilden offensichtlich eine Einheit, die sich über rund zwei Kilometern erstreckt. Die drei Anlagen liegen dabei in gleichem Abstand voneinander entfernt und haben jeweils einen Durchmesser von rund 240 Metern. Das berühmte Stonehenge hat hingegen “nur” 115 Meter Durchmesser.

Eine Besonderheit der “Thornborough Henges” ist auch die Art und Weise, wie sie in ihrer Blütezeit ausgesehen haben. Die Wälle, die sich neben den 20 Meter breiten Gräben befinden, wurden nicht nur aus bloßem Erdreich aufgeschüttet. Die Erbauer nutzen vor allem auch große Felsen, um ihnen Stabilität zu geben. Abschließen wurden die massiven Wallanlagen mit weißen Kalksteinen und Gips verkleidet, was sie zu beeindruckenden Erscheinungen in der Landschaft gemacht haben muss.

Solche hellen Verkleidungen fanden sich auch an einigen (wenigen) anderen Monumenten der Steinzeit. Vor allem ist hier “Newgrange” in Irland zu nennen. Ein renoviertes Ganggrab von gewaltiger Größe mit etwa 90 Metern Durchmesser, dass vor rund 5200 Jahren errichtet wurde.

Thornborough Henges” als dreifache Anlage ist nicht minder rätselhaft, wie viele andere Spuren dieser Zeit. Zumal es drei vergleichbare Kreisanlagen in Somerset gibt, die sehr ähnlich aufgebaut sind. Sie werden “Priddy Circles” genant, stehen ebenfalls in einem gleichen Abstand zueinander und haben einen Durchmesser von 185 Metern. Auch hier ist einer der Kreisgrabenanlagen leicht von der sie verbundenen Achse nach Westen versetzt. Wie bei den “Thornborough Henges” (s. Titelbild und Bild unten).

"Thornborough Henges" (Bild: Google Earth)
“Thornborough Henges” (Bild: Google Earth)

Vor der Zerstörung bewahrt

Auch die “Thornborough Henges” gelten als Teil einer spirituellen “Rituallandschaft” und sollen rund 4500 bis 5500 Jahre alt sein. Die Kreise des “Stonehenge des Nordens”, schreibt die Webseite “English Heritage”, “blieben bis in die frühe Bronzezeit hinein wichtig, als in der Nähe Grabhügel errichtet wurden”.

Der eigentliche Zweck ist auch hier wiedermal unklar. Vermutliche dienten auch diese Kreise astronomischen Beobachtungen der Gestirne und der Sonne, Versammlungen und “rituellen Zwecken”. Selbst eine Abbildung der Gürtelsterne des Orion wurde in Betracht gezogen, die die Anordnung der drei “Thornborough Henges” zweifellos daran erinnert.

“English Heritage”, die nun die Verantwortung für die Anlage hat, ist es zu verdanken, dass fortan Besucher diese besichtigen können. Denn die Monumente waren in Privatbesitz und die Expansion eines nahen Steinbruchs in Gefahr. Unter anderem konnte durch Unterschriftenaktionen und Kampagnen der “Friends of Thornborough” schon ab 2007 eine Zerstörung verhindert werden.

Erst im November 2016 kam es zu einer Einigung mit den Eigentümer beziehungsweise über die Ausweitung des Steinbruchs. Die Ringwallanlagen und 90 Hektar umliegendes Land wurden für die Öffentlichkeit gesichert. In diesem Monat wurde schließlich das Monument in die “National Heritage Collection of English Heritage” aufgenommen und schließlich für die Öffentlichkeit freigegeben.

Ein glückliches Ende dieser einmaligen Hinterlassenschaften in Großbritannien. Zumal viele dieser Relikte nur die sichtbaren Reste viel älterer heiliger Stätten, Landschaften und Plätze sind.

Stonehenge vor 11.000 Jahren

Bereits vor 11.000 Jahren war jener Ort, an dem Stonehenge über einen Zeitraum von Jahrtausenden gebaut und umgebaut wurde, offensichtlich ein bedeutender Platz. Ein “ritueller Ort” und damit wohl ein heiliger Platz, an dem nach und nach zahllose Monumente erbaut wurde. Auch Stonehenge, wie wir es heute kennen, wurden nicht “schlüsselfertig” als Ganzes errichtet.

Immer wieder gab es Erweiterungen und Umbauten, bis es sein heutiges Erscheinungsbild annahm. Oder das, was davon übrig ist. All dies geschah noch vor den legendären Pharaonen und den Pyramiden in Ägypten. Nicht wenige dieser “Kathedralen der Steinzeit” und astronomisch ausgerichteten Bauwerke sind mehrere tausend Jahre älter wie die Monumente der Pharaonen.

Im Vergleich sind sie aber mit Abstand nicht so beeindruckend. Sie stehen meistens auch nicht gut sichtbar in der Landschaft, sondern sind im Erdreich seit Jahrtausenden verborgen. Erst Luftbilder, archäologische Ausgrabungen und auch Restaurierungen bringen diese bescheidenen Reste wieder ans Tageslicht. Ebenso natürlich Rekonstruktionen oder Nachbauten, wie diese oder jene Anlage einst ausgesehen haben könnte. Denn vor allem von den hölzernen Palisaden-Ringen ist heute praktisch nichts mehr übrig.

Auch hier ist die nachgebaute Kreisgrabenanlage von Goseck wieder ein sehr gutes Beispiel.

Der Reiz dieser Stätten liegt vornehmlich in ihrem enormen Alter. Wahrscheinlich ist es genau das, was die Besucher an diesen archaischen Konstruktionen so fasziniert. Und da auch die “Thornborough Henges” in ihren Gesamtausmaßen erstaunen, werden sicher auch hier zukünftig weit mehr Besucher zu erwarten sein.

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Euer Jäger des Phantastischen

Lars A. Fischinger

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